David Ganz: «Immer das Unmögliche versuchen»

Mit 35 Jahren ist David Ganz CEO der Ganz Gruppe geworden. Damals bestand die Gruppe aus zwei Stammgesellschaften: der Ganz & Co. AG in St.Gallen mit den Tochtergesellschaften Tilag AG und Zuffelato & Wirrer AG sowie der Ganz AG in Schaan (LI). Im Interview verrät David Ganz, wie er sich auf seine Rolle als CEO vorbereitete, welche Werte er hochhält und wie sich die Unternehmensführung seit seinem Einstieg ins Familienunternehmen 2007 veränderte.

War es für Sie von Anfang an klar, dass Sie einmal das Unternehmen führen würden?

Dass ich in den Familienbetrieb eintreten würde, war mir tatsächlich schon früh klar. Genauso klar wie der Wunsch, das Unternehmen einmal zu führen.

Wie haben Sie sich darauf vorbereitet, die Rolle als CEO in der vierten Generation zu übernehmen?

Während der schulischen Ausbildung arbeitete ich in fast jeden Ferien im Unternehmen resp. auf dem Bau – oder in anderen Firmen der Branche. Die neun Monate vor meinem Betriebswirtschaftsstudium in München (DE) verbrachte ich als Praktikant: Das Praktikum absolvierte ich in der Nähe von Hannover (DE) in einem ähnlichen Betrieb wie unserem. Gleichzeitig belegte ich bautechnische Kurse am renommierten Säurefliesner Institut in Grossburgwedel (DE). Ein weiteres Praktikum absolvierte ich bei einem «Plättlihersteller» in Tulsa (Oklahoma, USA). Das war noch während meiner Studienzeit.

Meine Diplomarbeit schrieb ich bei PCI, einem Hersteller bauchemischer Produkte in Augsburg (DE). Das Thema lautete: «Kundenbindung in der Baustoffindustrie – aufgezeigt anhand des Marketingplaners Bau der PCI Augsburg GmbH – im Rahmen einer empirischen Untersuchung». Nach der Diplomarbeit war ich noch zwei weitere Jahre als Assistent des Marketingleiters bei PCI beschäftigt. Dank der vielen und unterschiedlichen beruflichen Stationen gewann ich Erfahrungen im In- und Ausland sowie auf allen Stufen unserer Branche. Diese Erfahrungen baute ich im Verlauf meiner Lehrjahre im Familienbetrieb durch spezifische Weiterbildungen aus.

Welche Werte haben Sie von den früheren Generationen übernommen?

Bei meinen Entscheidungen und meinem Verhalten leiten mich in erster Linie die folgenden vier Werte:

  • Ein Unternehmen muss die Eigenfinanzierung hochhalten, um von der Finanzierung durch Dritte unabhängig zu sein.
  • Als Vorgesetzter, aber auch als Mitarbeiterin oder Mitarbeiter, ist respektvoll mit Menschen – egal welcher Herkunft oder sozialen Stufe – umzugehen.
  • Es gilt, langfristig – also in Generationen – zu denken.
  • Die Finanzierung hat Priorität vor Dividenden.

Was hat sich in der Unternehmensführung von damals bis heute verändert?

Mit den vier «S» vor Augen sind wir aus der patronalen Kultur ausgebrochen und haben die Eigenverantwortung gefördert. Die vier «S» stehen für schlank, selbstständig, schnell und sicher.

Die neue Führungskultur spiegelt sich auch in unseren drei zentralen Werten:

  • Verantwortung übernehmen (entscheiden): Wir stehen gemeinsam für unsere Beschlüsse ein und vertreten diese gegenüber unseren Mitarbeitenden (Wir-Gefühl).
  • Verlässlich sein (zu Entscheiden stehen): Wir handeln.
  • Konsequent umsetzen (Entscheide umsetzen): Wir bleiben dran bis zum Schluss

Welche besonderen Erfahrungen haben Sie als Unternehmer geprägt?

Man sollte immer das Unmögliche versuchen. Erst recht, wenn andere sagen, es werde nicht funktionieren. Das gilt für das Grosse wie auch das Kleine. Auch habe ich festgestellt – oder feststellen müssen –, dass die Grösse eines Unternehmens nicht der Massstab für Erfolg ist. Vielmehr ist Erfolg dein grösster Feind. Er kann blenden. Das Unternehmen zu verkleinern, war eine sehr schwierige, aber wichtige Entscheidung für seine Zukunft. Auch hat mich geprägt, dass Illoyalität herrschen kann, wo man sie nicht erwartet. Auf der anderen Seite habe ich Unterstützung und Zuspruch von Menschen erfahren, von denen ich das genauso wenig erwartet habe.